Von der Entscheidung nicht aufzugeben
Stephen Corry, Direktor of Survival, über Zynismus, “Modernität” und Erfolge
Die Awá in Brasilien sind das bedrohteste Volk der Welt. Jahre illegaler Abholzung und Landraub haben sie an den Rand des Untergangs gedrängt. Neben den Holzfällern und ihren Gewehren ist das größte Problem der Awá der koloniale Trugschluss, dass Amazonas-Indianer in der “Moderne” unweigerlich zum Untergang verdammt sind.
Doch auch wenn Menschen dies seit Generationen behaupten, wird es deshalb nicht wahr: Was indigene Völker wirklich zerstört, ist die Behauptung, sie wären “rückständig” und würden von der “Zivilisation” profitieren. Diese Behauptung ist grundlegend rassistisch und die Beweise zeigen – deutlich und zu unserer Schande – genau das Gegenteil.
Es ist erschreckend einfach: Wenn indigenen Völkern ihr Land genommen wird, überleben sie nicht. Wenn es geschützt wird, lösen sich die meisten ihrer Probleme. Der Schutz ihres Landes ist möglich, wenn keiner ihr Land will, es Außenstehenden unzugänglich ist oder – besonders wichtig – es den politischen Willen und die Stärke gibt, sicherzustellen, dass es geschützt wird. Auf ihrem eigenen Gebiet können sie sich an Änderungen so anpassen, wie sie es möchten.
Einige von ihnen werden ihr Land verlassen, um die Welt zu erkunden. Doch die meisten werden zurückkehren zu den unschätzbaren Vorteilen ihres Zuhauses: Kostenloses Essen und Unterkunft, anstelle des täglichen Überlebenskampfes in den Elendsvierteln und Slums, wo das Leben außergewöhnlich ekelhaft, tierisch und kurz ist.
Die „Integration“ dieser Völker bedeutet eigentlich den Raub ihrer Selbstständigkeit und ihre Verurteilung zu einem Dasein auf der untersten Stufe einer steilen und schmierigen Leiter oder, schlimmer, zum Tod. Dennoch glauben wir bei Survival aus tiefster Überzeugung, dass es auch am Ende dieses Jahrhunderts noch Amazonas-Indianer geben wird. Alles was nötig ist sind Regierungen, die Rechte und Gesetze einhalten, von denen sie behaupten sie zu ehren.
Zyniker mögen argumentieren, dass es soweit nicht kommen wird, und dass das schnelle Geld immer triumphiert. Aber das wäre nichts weniger als das Eingeständnis, dass wir Wilde sind, befreit von jedem Gesetz, allgemeinem Anstand und Menschlichkeit.
Wir haben in den letzten Jahrzehnten immer wieder erlebt, wie das Land indigener Völker geschützt wurde. Die Yanomami, das größte relativ isoliert lebende Volk in Amazonien, überlebte, weil eine 20-jährige Kampagne 1992 zum Schutz ihres Landes führte. Sie sind entschlossen Yanomami geblieben.
Die Awá und andere indigene Völker weltweit werden ohne Zweifel ebenfalls überleben, wenn nur die Kampagnen zum Schutz ihres Landes ähnlich viel Lärm erzeugen.
Stephen Corry ist Direktor von Survival International und Autor des Buches, ‘Tribal Peoples for Tomorrow’s World’, das diese Thematik genauer beleuchtet.