Geniale Fähigkeiten indigener Völker
Von den indigenen Jägern in Kanada bist zu den Jägern und Sammlern Afrikas, haben indigene Völker seit Tausenden von Jahren geniale Überlebenstricks entwickelt.
Viele indigene Völker haben über Tausende von Jahren durch die enge Verflechtung mit ihrer Umwelt ein ausgeprägtes Gespür für die feinen Hinweise der Natur entwickelt.
Durch genaues Beobachten haben sie gelernt Wild zu jagen, Wurzeln und Beeren zu sammeln, Veränderungen im Klima wahrzunehmen, die Bewegung der Eisschichten, die Rückkehr der Zugvögel und die Blütezeit der Fruchtbäume vorherzusagen.
Ihre anspruchsvollen Techniken bei der Jagd, beim Spurenlesen, Ackerbau und bei der Navigation, sind die genialen Antworten indigener Völker auf die Herausforderungen unterschiedlicher, oft feindlicher, Umgebungen.
Die Entwicklung ihrer feinen Beobachtungsgabe und Fähigkeiten ist nicht nur ein Beleg für die Kreativität des Menschen und seine außergewöhnliche Fähigkeit sich anzupassen. Sie garantiert auch, dass indigene Völker, die auf ihrem angestammten Land leben und die seit Generationen weitergegebenen Techniken einsetzen können, ein typischerweise gesundes, autarkes und glückliches Leben führen.
„Ich bin die Umwelt“, sagt Davi Kopenawa Yanomami. „Ich wurde im Wald geboren. Ich kenne ihn gut.“
© Claudia Andujar/Survival
Während der Trockenzeit nutzen die Jarawa den Saft der Rattanpalmen als Flüssigkeitsspender.
Wenn sie den Honig wilder Bienen sammeln, spucken sie zuerst den Saft bestimmter Pflanzenblätter auf die Bienenstöcke, um die Bienen zu verscheuchen.
© Salomé/Survival
Die Moken, die „Seenomaden“ des Andamanischen Meeres, haben die einzigartige Fähigkeit entwickelt unter Wasser scharf zu sehen, was auch die Nahrungssuche am Meeresboden erleichtert. Ihre Sicht ist 50 Prozent schärfer als die von Europäern.
© James Morgan/Survival
Das mündlich überlieferte Wissen der Moken über das Meer, den Wind und den Mondzyklus ist riesig.
Eine ihrer Geschichten erzählt von la-boon, der „Welle, die Menschen frisst“. Die Legende besagt, dass das Meer sich zurückzieht kurz bevor la-boon naht.
Als sich beim Tsunami 2004 das Meer zurückzog, erkannten die Ältesten eines Moken-Dorfes in Thailand die Gefahr und führten ihre Gemeinschaft und Touristen sicher in höher gelegenes Gebiet.
© Cat Vinton/Survival
Im Regenwald von Borneo nutzen Penan-Männer Blasrohre aus Hartholz und Pfeile, die in tajem, ein Gift aus dem milchigen Latex eines Baumes, getaucht sind, um Wildschweine zu jagen.
Das Gift greift die Herzfunktion der Tiere an.
Blasrohre im Amazonasgebiet können über zweieinhalb Meter lang sein.
© Victor Barro/Survival
Bis zu den 1960er Jahren lebten die Penan als Nomaden. Wenn sie unterwegs waren, kommunizierten die unterschiedlichen Gruppen über ein komplexes und faszinierendes System aus Stöcken und Blättern, das sie oroo nennen.
Oroo übermittelt Botschaften wie „der Person, die hier vorbeikam, ging es nicht gut“ oder „die Person, die hier vorbeikam, war hungrig“.
© Survival International
Viele indigene Völker haben ein enzyklopädisches Wissen über einheimische Tiere, Pflanzen und Kräuter. Die Yanomami zum Beispiel nutzen täglich rund 500 Pflanzenarten.
Die Yali in West-Papua sind hervorragende Ökologen und erkennen mindestens 49 Varianten von Süßkartoffeln und 13 Varianten von Bananen.
© William Milliken/Survival
Seit den 1970er Jahren wird das angestammte Gebiet der Penan von Bulldozern planiert, niedergebrannt und für großflächige Abholzung, Palmölplantagen, Gaspipelines und Staudämme zerstört.
© Robin Hanbury-Tenison/Survival
Mit den Jahren haben indigene Völker ausgefeilte und ganzheitliche Gesundheitssysteme entwickelt.
Die Rinde von Kopal-Pflanzen wird gegen Augeninfektionen eingesetzt, Katzenkralle gegen Durchfall und das Einatmen der Aromen zerdrückter Blätter soll Erkältungen und Übelkeit lindern.
Viele der Medikamente, die heute in der westlichen Medizin zum Einsatz kommen und schon Millionen Menschenleben gerettet haben, haben ihren Ursprung unter indigenen Völkern. Das Gift curare, das Yanomami-Jäger lange auf die Spitzen ihrer Pfeile auftragen haben, um ihre Beute zu lähmen, hat sich die westliche Medizin als Mittel zur Muskelentspannung zu eigen gemacht.
© Fiona Watson/Survival
Die meisten indigenen Völker sind mit dem Verhalten von einheimischen Tieren eng vertraut. „Pygmäen“-Männer sind so gekonnte Mimen, dass sie den Ruf einer Antilope in Gefahr nachahmen können, um andere anzulocken.
Ähnlich ist es bei Jägern in Sibirien, die den Ruf eines Rentierkalbes auf der Suche nach seiner Mutter oder den Brunstruf eines männlichen Tieres imitieren können.
© Kate Eshelby/Survival
Awá-Frauen kümmern sich um verwaiste Nachkommen von Brüllaffen, Kapuzineraffen und anderen Affenarten, indem sie die Tierbabys stillen.
© Domenico Pugliese/Survival
Awá-Frauen gewinnen aus dem Balatabaum Harz, mit dem sie nachts die Häuser beleuchten.
Heute wird der Wald der Awá illegal gerodet und die Awá sind zum bedrohtesten Volk der Welt geworden. Sie kämpfen gegen die Ausrottung durch gewaltsame Angriffe und den Diebstahl ihres Landes.
© Domenico Pugliese
Rentierfleisch ist der wichtigste Bestandteil der Ernährung der Nenzen.
Es wird roh, gefroren oder gekocht verzehrt. Dazu wird auch Blut eines gerade geschlachteten Tieres getrunken, das reich an Vitaminen ist.
Der Fettgehalt von Rentiermilch liegt bei 22 Prozent und ist bis zu sechsmal höher als der von Kuhmilch.
Die Bogensehnen der Hadza aus Tansania werden aus den Bändern von Tieren gefertigt, während die Pfeile sorgsam aus Kongoroko -Holz geschnitzt und mit den Federn von Perlhühnern verziert werden.
Die Pfeilspitzen werden mit einem Gift aus dem Saft der Wüstenrose benetzt.
© Jean du Plessis/Wayo Africa
Die Hadza und der Honiganzeiger, ein Vogel, der die Hadza zu wilden Bienenstöcken führt, profitieren beide von ihrer Beziehung zueinander.
Der Vogel ruft den Jäger, der ihm wiederum antwortet. So flattert der Honiganzeiger von Baum zu Baum, wartet, dass der Jäger aufschließt und führt ihn somit zu den Bienenstöcken, die oft hoch in den Ästen uralter Affenbrotbäume hängen.
© Joanna Eede/Survival
Die Hadza-Jäger klettern, in der Hand ein Büschel brennendes Gras, zu dem Bienenstock hinauf und vertreiben die Bienen mit dem Rauch.
Später macht sich der Honiganzeiger über die Reste des Bienenstockes her.
„Du kannst den ganzen Weg bis Ndabuado laufen und der Honiganzeiger findet dich und führt dich zurück zu dem Stock, an dem du gerade vorbeigelaufen bist“, sagt Johana, ein Hadza-Jäger.
© Joanna Eede / Survival
Eine Angehörige der Buschleute in Botswana kaut auf dem Fruchtfleisch einer Melone, um an die Flüssigkeit zu gelangen.
Traditionell fanden die Buschleute Wasser in „Pfannen“ – mit Regenwasser gefüllte Gruben im Sand – und in Wurzeln und Pflanzen wie der Tsamma-Melone. Diese Techniken entwickelten sie über Jahrtausende, um in der Trockenzeit, wenn die Wasserstellen in der Kalahari sich in Staub auflösen, in der Wüste überleben zu können.
„Du lernst, was das Land dir sagt“, erklärt Gana-Buschmann Roy Sesana.
© Dominick Tyler
Hinterlasse keine Spuren.
Viele indigene Völker wissen vielleicht noch immer besser als die meisten Menschen, dass die zerbrechliche Balance zwischen Mensch und Natur nur über Jahrtausende gewahrt wurde, weil man ihre Grenzen respektierte. Es scheint auch kein Zufall, dass viele der biologisch vielfältigsten Regionen der Erde von indigenen Völkern bewohnt sind.
Die Awá hinterlassen kaum andere Spuren als aufgewühlte Lianenblätter und Markierungen an Baumstämmen, wenn sie im Wald unterwegs sind. Das Gift mit dem die Yanomami fischen, zersetzt sich rasend schnell im Wasser und hinterlässt keine Verunreinigung. Die Innu heben die Knochen getöteter Rentiere auf und hängen die Geweihe hoch in die Bäume, um den Tieren Respekt zu zollen.
Verantwortung und Wechselseitigkeit sind Grundvoraussetzungen für das Überleben: Mehr zu nehmen als gebraucht wird oder die Erde auszulaugen, ist nicht nur selbstzerstörerisch, sondern auch eine Vernachlässigung ungeborener Kinder. „Wir jagen selektiv“, sagen die Penan. „Wir jagen nur, um unsere Bedürfnisse zu decken.“
Doch ohne die Rechte an ihrem angestammten Land, für die sich Survival International seit 44 Jahren einsetzt, werden indigene Völker nicht überleben.
Survivals Arbeit ermöglicht es indigenen Völkern ihr Leben zu verteidigen, ihr Land zu schützen und ihre Zukunft selbst zu bestimmen und sie stellt sicher, dass die außergewöhnlichen Fähigkeiten und das Wissen indigener Völkern, heute relevanter denn je, nicht verloren gehen.
© TH/Survival