Aufgedeckt: Zwangsräumungen in Äthiopien – was die britische Regierung vertuschen wollte

3 September 2015

Großbritannien hat versucht, Beweise für schwere Menschenrechtsverletzungen in Äthiopiens unteren Omo-Tal zu unterschlagen, wie zum Beispiel die Zwangsumsiedlungen der Bodi und anderer indigener Völker. © Nicola Bailey/ Survival, 2015

Diese Seite wurde 2015 erstellt und enthält möglicherweise Formulierungen, die wir heute nicht mehr verwenden würden.

Die britische Regierung hat versucht, Beweise für schwere Menschenrechtsverletzungen in Äthiopien zu unterschlagen, um die dortige Regierung zu beschwichtigen. Dies ergab eine neue Untersuchung von Survival International, der globalen Bewegung für die Rechte indigener Völker.

Die wichtigsten Geber Äthiopiens, einschließlich des britischen DFID, USAID und der Europäischen Union, schickten im August 2014 zwei Delegationen in das untere Omo-Tal im Süden des Landes. Ziel war es, zu untersuchen, ob indigene Völker von ihrem Land vertrieben werden, um Platz für kommerzielle Plantagen zu machen.

Die britischen Behörden haben sich geweigert, die Berichte der Delegationen gemäß des Gesetzes zur Informationsfreiheit (Freedom of Information Act) zu veröffentlichen, mit der Begründung, dass deren Offenlegung die internationalen Beziehungen erheblich beeinträchtigen würden. Survival appellierte daraufhin an die Europäische Kommission, die sie nun veröffentlicht hat.

Die Berichte enthüllen:

- Dass die äthiopische Regierung keine Zustimmung der indigenen Völker des unteren Omo-Tales zu ihrer Umsiedlung erhalten hat;

- Dass sie die Indigenen solange unter Druck gesetzt und bedroht hat, bis diese ihr Land verlassen haben – in einigen Fällen in Angst um ihr Leben;

- Eine indigene Gruppe sagte gegenüber den Gebern: „Bevor Sie im nächsten Jahr wiederkommen, wird die Regierung gekommen sein, um uns zu töten.“;

Die Berichte zweier Geber-Delegationen im unteren Omo-Tal legen offen, dass der Landraub indigenen Völkern den Zugang zu den Flussufern, die sie für den Anbau benötigen, verwehrt. © Survival

- Dass Landraub im Zusammenhang mit groß angelegten Plantagen den indigenen Völkern den Zugang zu ihrem angestammten Weide- und Ackerland verwehrt. Ihr Überleben hängt jedoch davon sowie von den Flussufern, die sie für den Anbau brauchen, ab;

- Bezüglich der Bedingungen in einem Umsiedlungsgebiet stellt der Bericht folgendes fest: „Ihre Situation bei unserem Besuch war beklagenswert; das Fehlen von sanitären Einrichtungen bedeutet, dass die Dorfbewohner an Krankheiten wie blutigem Durchfall, Malaria und nicht näher bestimmbaren Kopfschmerzen leiden … Trotz der schwierigen Lage in [Name geschwärzt], sagen die Anwohner, dass die Regierung nicht zulässt, dass diese verarmte und gefährdete Gruppe den Ort verlässt.“;

- Geber-Richtlinien, die entwickelt wurden, um sicherzustellen, dass die Umsiedlungen im Einklang mit internationalem Recht stattfinden, sind routinemäßig ignoriert worden.

Survival International hat internationale Geber wie die Weltbank, die USA und Großbritannien gedrängt, weitere Entwicklungshilfeleistungen für das untere Omo-Tal zu stoppen, bis die Menschenrechtsverletzungen aufhören. Jedoch wurden so gut wie keine Maßnahmen ergriffen. Großbritanniens Entwicklungshilfeetat 2014-15 für Äthiopien übersteigt 360 Millionen britische Pfund.

Survivals Afrika-Campaignerin Elizabeth Hunter sagte heute: „DFID brauchte fast zwei Jahre, um die Vorwürfe über schwere Menschenrechtsverletzungen im unteren Omo-Tal zu untersuchen. Die Berichte, von deren Lektüre es verzweifelt versuchte, die britische Öffentlichkeit abzuhalten, zeigen einfach nur, wie weit es gehen würde, um schwere Menschenrechtsverstöße zu vertuschen. Diese werden von einem Regime begangen, das Hunderte Millionen Pfund von britischen Steuerzahlern erhält. Während ganze Völker der Gewalt, der Zerstörung ihrer Häuser und Lebensgrundlagen sowie dem Landraub mit unglaublichem Ausmaß zum Opfer fallen, drückt die britische Regierung ein Auge im Namen der politischen und wirtschaftlichen Zweckmäßigkeit zu.“

Hintergrund:

Es leben rund 200.000 Indigene im unteren Omo-Tal. Viele von ihnen haben unter brutaler Unterdrückung, Zwangsumsiedlung und Vorurteilen von Seiten einer Regierung, die sie als „rückständig“ und „modernisierungsbefürftig“ erachtet, gelitten. Ein Experte warnte, dass der Verlust ihres Landes und der Ressourcen zu einer „humanitären Katastrophe“ führen würde. Einer der Berichte der Delegation warnte davor, dass der Zustrom von mehr als 500.000 Arbeitern in die Gegend „das Risiko von Konflikten deutlich steigern“ würde.

Survival hat Berichte erhalten, nach denen die Kwegu nach dem Bau des Gibe III Staudammes hungern. © Survival International, 2012

Die zentralen Ergebnisse der Geber-Delegationen wurden in einem Schreiben an die äthiopische Regierung, das im Februar 2015 veröffentlicht worden war, vertuscht. Der Brief befreit die Schlussfolgerungen der Berichte in dem Maße von negativen Aspekten, dass die äthiopische Presse dies behaupten konnte: Die Geber-Delegationen hätten „keine Beweise dafür gefunden, dass Menschen gezwungen worden waren, für landwirtschaftliche Entwicklungsprojekte in den Gegenden, die sie besucht hatten, umgesiedelt worden zu sein“. Außerdem behauptete sie, dass sie „keine der Probleme, die von Survival International oder Human Rights Watch sowie weiteren angeprangert worden waren, hätte finden können.“

Im März 2015 erhielt Survival beunruhigende Berichte, nach denen viele Angehörige des kleinen Kwegu-Volkes hungern. Dies ist auf die Zerstörung ihres Waldes und das Sterben ihres Flusses nach dem Bau des Gibe III Staudamms und der zugehörigen Bewässerungssysteme zurückzuführen.

- Laden Sie die vollständigen Berichte der Geber-Delegationen nach ihren Besuchen des Südens des unteren Omo-Tales sowie Bench Maji herunten.

Indigene Völker im Omo-Tal
Indigenes Volk

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