Unkontaktierte Völker BrasiliensUnkontaktierte Völker BrasiliensUnkontaktierte Völker BrasiliensUnkontaktierte Völker BrasiliensUnkontaktierte Völker Brasiliens

Unkontaktierte Völker Brasiliens

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Diese Seite wurde 2010 erstellt und enthält möglicherweise Formulierungen, die wir heute nicht mehr verwenden würden.

Ihre Auslöschung droht durch Krankheiten und Landverlust

Tief im brasilianischen Amazonasgebiet leben Völker, die keinen Kontakt mit der Außenwelt haben.

Illegale Holzfäller und Viezüchter dringen in ihr Land ein und schleppen Krankheiten ein. Wenn dies nicht aufhört, werden sie nicht überleben.

Unkontaktierte Völker Brasiliens

Brasiliens Amazonasgebiet ist Heimat der weltweit größten Anzahl unkontaktierter Völker. Es könnten nach Schätzungen der brasilianischen Behörde für indigene Angelegenheiten FUNAI mindestens 100 dieser Gruppen im Regenwald leben.

Früherer Kontakt mit verheerenden Folgen und die fortschreitende Zerstörung und Inbesitznahme ihres Waldes und ihrer Heimat sind sehr wahrscheinlich Grund dafür, dass sie sich gegen den Kontakt zu anderen Völkern oder Außenstehenden entschieden haben.

Die unkonktaktierten Gruppen im Bundestaat Acre, beispielsweise, sind aller Wahrscheinlichkeit nach Nachfahren der Überlebenden des Kautschuk-Booms in Brasilien, bei dem im frühen 20. Jahrhundert viele Indigene versklavt wurden.

Es wird vermutet, dass die Überlebenden entkamen, indem sie entlang der Flüsse flohen. Die Erinnerungen an die Gräueltaten mögen immer noch frisch sein.

Es ist sehr wenig über diese Menschen bekannt. Was wir jedoch wissen, ist, dass sie weiterhin unkontaktiert bleiben möchten: Sie haben mit Pfeilen auf Außenseiter und Flugzeuge geschossen oder vermeiden den Kontakt, indem sie sich in den Tiefen des Waldes verstecken.

Luftaufnahme eines unkontaktierten indigenen Volkes in Brasilien, Mai 2008 © G. Miranda/FUNAI/Survival

Einige, wie die Awá, sind nomadisch lebende Jäger. Sie sind immer in Bewegung und in der Lage innnerhalb von Stunden eine neue Unterkunft zu bauen und diese Tage später einfach wieder zu verlassen.

Andere sind sesshafter. Sie leben in Gemeinschaftshäusern, bauen Maniok und andere Planzen in belichteten Waldflächen an, jagen und fischen.

In Acre könnte es bis zu 600 Indigene geben, die zu vier unterschiedlichen Gruppen gehören. Dort leben sie in relativer Ruhe innerhalb mehrerer abgegrenzter Gebiete, die bisher weitestgehend von Siedlern und Holzfällern verschont bleiben.

Im Gebiet Massacó in Rondônia leben wahrscheinlich etwa 300 weitere unkontaktierte Indigene.

Häuser einer unkontaktierten Indigenen-Gemeinde in Brasilien. Das Bild wurde im Rahmen einer Forschungsreise der brasilianischen Regierung aus der Luft aufgenommen. (2008) © G. Miranda/FUNAI/Survival

Sie benutzen erstaunlich große Pfeile und Bögen, die in Bau und Größe denen des Sirionó-Volkes des benachtbarten Boliviens ähneln. Ein Bogen, der gefunden wurde, war vier Meter lang.

Ein beliebter Nahrungsbestandteil scheinen Schildkröten zu sein: In einem verlassenen Lager wurden große Mengen leerer Panzer gefunden.

Andere unkontaktierte Völker hingegen, von denen nur noch eine Handvoll Angehörige am Leben sind, befinden sich am Rande der Ausrottung.

Diese kleinen, fragmentierten Gruppen leben vor allem in den Bundesstaaten Rondônia, Mato Grosso und Maranhão. Sie sind Überlebende von gewalttätigem Landraub, bei dem sie von Holzfällern, Viehzüchtern und anderen angegriffen und viele ihrer Angehörigen getötet wurden.

Noch heute werden sie willkürlich und vorsetzlich gejagt und ihre Häuser in den Wäldern zerstört.

Riesige Staudamm- und Straßenbauprojekte, Teile des „beschleunigten Wachstumsprogrammes“ der Regierung, stellen eine große Bedrohung für die Indigenen dar.

Die Jirau und Santo Antonio-Dämme, welche am Fluss Madeira gebaut werden, liegen nahe der Heimat einiger unkontaktierter Gruppen.

Ein kürzlich erschienener Bericht geht davon aus, dass einige Gruppen ihr Land bereits verlassen mussten, um dem Lärm und der Verschmutzung durch den Bau der Dämme zu entkommen.

Alle Gruppen sind sehr anfällig für Erkältungen, Grippe und anderen Krankheiten, die von Außenstehenden übertragen werden können. Dass sie gegen diese Krankheiten keine Abwehrkräfte besitzen, ist ein weiterer guter Grund, den Kontakt zu meiden.

Doch selbst unter diesen düsteren Umständen gibt es einige bemerkenswerte Geschichten des Überlebens. Karapiru, ein Mann der Awá, überlebte einen Angriff von bewaffneten Männern. Er versteckte sich daraufhin für zehn Jahre im Wald, bis er letztendlich mit einigen Siedlern in Kontakt kam und nun mit anderen Awá lebt.

Die unkontaktierten Indigenen Brasiliens müssen geschützt und ihre Landrechte anerkannt werden, bevor sie – zusammen mit ihrem Wald, von dem sie abhängen – für immer verschwinden.

Bedrohungen

Immer und immer wieder hatte der Kontakt zur Außenwelt für die unkontaktierten Völker Brasiliens desaströse Folgen.

Diese sehr isoliert lebenden Völker haben keine Abwehrkräfte gegen andernorts weit verbreitete Krankheiten. Aus diesem Grund sind sie sehr gefährdet.

Es ist nicht ungewöhnlich, dass 50 Prozent eines Volkes innerhalb von einem Jahr nach Kontakt mit der Außenwelt ausgelöscht werden – durch Krankheiten wie Masern oder Grippe.

Die Bevölkerung der Matis halbierte sich nach dem ersten Kontakt mit der Außenwelt. Jung und Alt, inklusive einiger Schamanen, starben an eingeschleppten Krankheiten.

Darüber hinaus sind Konflikte und gewaltsame Zusammenstöße die häufigsten Folgen wirtschaftlicher Aktivitäten in Gebieten, in denen unkontaktierte Völker leben.

Solche Konflikte haben zum Tode einiger Außenstehender und vieler Indigener geführt.

Die letzten drei Überlebenden der Akuntsu haben brutale Angriffe erlebt, wurden Zeugen eines Massakers an ihren Gefährten und sahen zu, wie die Bulldozer der Grundbesitzer ihre Häuser zerstörten.

Nicht unentdeckt

Es gibt überall auf der Welt Völker, die für sich entschieden haben, isoliert von der industrialisierten Gesellschaft oder sogar anderen indigenen Völkern zu leben.

Das bedeutet jedoch nicht, dass sie „unentdeckt“ oder „unverändert“ sind. Die Existenz der meisten unkontaktierten Völker ist uns bereits bekannt. Und egal wie abgeschieden sie leben, müssen auch sie sich ihrer ständig verändernden Umwelt anpassen.

Unkontaktierte Jururei Frau in dem Urueu Wau Wau Gebiet, Rondônia, Brasilien © Rogerio Vargas/Survival

Viele haben gelegentlichen – manchmal feindlichen – Kontakt mit benachbarten Völkern. Sie sind sich der Gesellschaften um sie herum durchaus deutlich bewusst.

Benachbarte indigene Gruppen und FUNAI (die brasilianische Behörde für indigene Angelegenheiten) wissen oft ungefähr, wo sich diese Gruppen aufhalten.

Seit 1987 hat FUNAI eine spezielle Abteilung, die sich mit unkontaktierten Völkern befasst. Ihre Philosophie ist es, nur Kontakt zu diesen Gruppen aufzunehmen, wenn ihr unmittelbares Überleben in Gefahr ist.

Darüber hinaus gibt es keine Versuche Kontakt aufzunehmen. FUNAI versucht vielmehr, die Gebiete dieser Gruppen zu demarkieren und Eindringlinge durch Schutzposten abzuwehren.

Unkonktaktierte Völker müssen das Recht haben, selbst zu entscheiden, ob sie abgeschieden leben wollen oder nicht. Um dieses Recht auszuüben, brauchen sie aber Zeit und ihr angestammtes Land.

Karte von FUNAI. Die dunkelgrünen Stellen zeigen die Aufenthaltsorte unkontaktierter Völker. © FUNAI/Survival

Sie werden nur überleben, wenn ihr Land – welches ihnen nach internationalem und nationalem Recht zusteht – geschützt ist. Es muss ihnen erlaubt sein, in Frieden zu leben, frei von der Angst vor Auslöschung und zerstörerischem Kontakt.

Kontakt sollte es nur geben, wo und wenn unkontaktierte und abgeschieden lebende Völker dafür bereit sind.

Die Letzten

Von einigen unkontaktierten Völkern sind tragischerweise nur noch wenige Angehörige am Leben. Dies sind einige ihrer Geschichten.

Der Letzte seines Volkes

Haus und Garten des „Letzten seines Volkes“. Er baut dort Maniok und andere Gemüsearten an. © Survival

Es wird angenommen, dass dieser Mann der letzte Überlebende seines Volkes ist. Die übrigen Angehörigen wurden höchstwahrscheinlich von Viehzüchtern, welche die Region Tanaru im Bundestaat Rondônia besetzen, ermordet.

Er lebt allein und ist ständig auf der Flucht.

Wir wissen weder seinen Namen, noch zu welchem Volk er gehört oder welche Sprache er spricht.

Er ist teilweise unter dem Namen „the Man of the Hole“ bekannt, weil er große Gruben gräbt, um Tiere zu fangen oder sich zu verstecken.

Er lehnt jeden Kontakt mit der Außenwelt ab.

FUNAI hat ein kleines Stück Regenwald zu seinem Schutz gesichert. Dieses ist vollständig vom Land der Viehzüchter umgeben.

Ende 2009 wurde der Mann hinterhältig von bewaffneten Männern angegriffen. In der Vergangenheit haben Viehzüchter öfter solche Wachmänner angeheuert um vorsätzlich unkontaktierte Indigene im Bundesstaat Rondônia zu töten.

Piripkura, Mato Grosso

Wir wissen nicht, wie sie sich selbst nennen, aber ihre Nachbarn, die Gavião-Indianer, nennen sie die Pirikura. Es bedeutet soviel wie „Schmetterlingsmenschen“ und beschreibt die Art, wie sich dieses Volk unerlässlich durch die Wälder bewegt. Sie sprechen Tupi-Kawahib, eine Sprachfamilie, die von einigen Völkern in Brasilien gesprochen wird.

Schlafender Mann der Piripkura © Jair Candor/FUNAI/Survival

Die Piripkura zählten 20 Angehörige, als FUNAI sie Ende der 1980er Jahre zum ersten Mal kontaktierte. Nach diesem Kontakt kehrten sie zurück in die Wälder. Seitdem wurde der Kontakt mit drei Mitgliedern des Volkes wieder aufgenommen.

1998 kamen zwei Piripkura-Männer, Mande-í und Tucan, freiwillig wieder aus den Wäldern. Einer von ihnen war krank und wurde im Krankenhaus behandelt.

Während der kurzen Zeit, die er im Krankenhaus verbrachte, sprach er davon, dass sein Volk bis vor kurzem noch mehr Angehörige hatte. Er beschrieb, wie diese von Weißen ermordet wurden und wie er und sein einziger Begleiter sich durch die Wälder bewegten und jagten, fischten und sammelten.

Es besteht ein hohes Risiko für Völkermord.Brasilianischer Regierungsbeamter über das Schicksal der Piripkura

Wir wissen nicht, ob es noch weitere Überlebende der Piripkura gibt. Aber Mande-í und Tucan sind in großer Gefahr, da illegale Holzfäller immerzu in ihr Land eindringen und ihre Waldwege blockieren, um sie vom Jagen abzuhalten.

FUNAI hat eine zeitlich begrenzte Anordnung erlassen, dass niemand das Land der Piripkura ohne Genehmigung betreten darf und dass dort keine wirtschliche Aktivität stattfinden darf. Wenn jedoch die Regierung nicht unverzüglich handelt und das Gebiet demarkiert und ihre Landrechte gesetzlich sichert, werden die letzten bekannten Piripkura-Überlebenden für immer verschwinden.

Kawahiva des Rio Pardo, Mato Grosso

Es ist kaum etwas über dieses Volk bekannt, aber es wird angenommen, dass sie zur Gruppe der Kawahiva gehören. FUNAI nimmt an, dass das Volk vor einigen Jahren etwa 50 Angehörige hatte – heute sind es wahrscheinlich weniger.

Es wird davon ausgegangen, dass die Kawahiva des Rio Pardo aufgehört haben Kinder zu bekommen, da sie ständig vor Holzfällern und anderen Eindringlingen fliehen müssen.

Da sie ständig in Bewegung bleiben müssen, können sie keine Früchte oder Gemüse anbauen und hängen ausschließlich vom Jagen und Fischen ab.

Ihr Land wurde noch nicht unter Schutz gestellt, wodurch ihr Überleben als Volk gefährdet ist. Immerzu dringen Holzfäller in ihr Land ein. Viele der Holzfäller stammen aus Colniza, eine von Brasiliens gewalttätigsten Grenzstädten in einer der am stärksten abgeholzten Regionen des Amazonasgebietes.

Überraschend hat ein Staatsanwalt eine Untersuchung wegen des Vorwurfes des Völkermordes eingeleitet. Laut der Vereinten Nationen (UN) ist Völkermord „die absichtliche Unterwerfung unter Lebensbedingungen, die auf die völlige oder teilweise physische Zerstörung der Gruppe abzielen.“

Beweise legen nahe, dass die Holzfäller die Kawahiva gezielt dazu bringen, ihre Häuser zu verlassen und das Volk somit in konstanter Bewegung bleiben muss.

Mehr zu den Kawahiva kannst du hier lesen.

Korubo im Javari-Tal

An der Grenze zwischen Brasilien und Peru ist das Jaravi-Tal die Heimat für sieben kontaktierte Völker und weitere etwa sieben unkontaktierte Gruppen – eine der größten Konzentrationen von isoliert lebenden Gruppen in Brasilien.

Die Korubo des Javari Valley zur Zeit des ersten Kontakts © Erling Soderstrom/Survival

Eine Gruppe, die Korubo, ist bekannt als caceteiros oder „Knüppelmenschen“, da sie große Schläger einsetzen, um sich zu verteidigen.

1996 nahm FUNAI Kontakt mit einer Gruppe von etwa 30 Korubo auf, die sich von der Hauptgruppe getrennt hatten. Die Hauptgruppe bleibt unkontaktiert und versucht immer wieder dem Kontakt mit anderen Gruppen auszuweichen.

Krankheiten, übertragen durch Außenstehende, haben für viele Mitglieder der kontaktierten Gruppen in dem Gebiet einen tödlichen Verlauf genommen. Die Angst besteht, dass diese Krankheiten auch die unkontaktierten Völker erreichen könnten – mit tragischen Folgen.

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