5 Aktionen + 5 Geschichten = 55 Jahre Zusammenarbeit mit indigenen Völkern (1969-2024)

© Lola Ramón / Survival

5 Aktionen

Survival International hat sich immer dafür eingesetzt, die Missstände aufzudecken, denen die indigenen Völker, mit denen wir arbeiten, ausgesetzt sind und die öffentliche Meinung in eine starke Kraft für Veränderung zu verwandeln. In unserer 55-jährigen Geschichte haben wir dies auf viele verschiedene Art und Weisen getan, ohne jemals aufzugeben oder uns zurückzuziehen. 

Hier sind 5 Aktionen, die die Geschichte unseres unermüdlichen Engagements von 1969 bis heute erzählen.

1. Mahnwachen gegen Völkermord

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„Das ist es, was ich meinen Leuten sage: ‚Wenn Survival nicht für unsere Rechte kämpfen und sie verteidigen würde, hätten die Regierungen alle indigenen Völker der Welt getötet.'“ Davi Kopenawa Yanomami, 2009 

 

Survivals langer Atem für die Rechte indigener Völker umfasste eine wöchentliche, siebenjährige Mahnwache für die Yanomami vor der brasilianischen Botschaft in London und zeitweise in 20 weiteren Ländern sowie eine monatliche, vierjährige Mahnwache für das indigene Volk der Jumma, das brutalen Angriffen und Morden durch die Sicherheitskräfte in Bangladesch ausgesetzt war. Beide Mahnwachen – zusammen mit anderen Formen des Drucks von Survival und unseren indigenen und anderen Verbündeten – zahlten sich aus: Die brasilianische Regierung demarkierte 1992 das gesamte Yanomami-Gebiet und die Regierung von Bangladesch unterzeichnete 1997 ein Friedensabkommen mit den Jumma.

Hier kannst du für die Yanomami aktiv werden, die heute wieder unter illegalem Berbau leiden. 

 

2. Nelsonsäule erklommen: Lasst die Innu leben

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„Danke Survival, dass ihr in kritischen Zeiten für mein Volk da seid! Unser Leben als Innu hat sich durch eure Arbeit und eure Solidarität mit unserem Volk verbessert.“ Armand MacKenzie, Innu-Volk, 2019 

 

1995 boten die Survival-Unterstützer Simon Nadin, Noel Craine, Jerry Moffatt und Johnny Dawes ihre Kletterkünste an, um Survivals Kampagne gegen die grausame Behandlung der Innu durch die kanadische Regierung zu unterstützen. Sie kletterten auf die Nelsonsäule in London – eine über 50 Meter hohe Steinsäule – und entrollten ein riesiges Protestbanner gegenüber der kanadischen Botschaft. Es war nicht leicht, den vom Londoner Regen und nassem Taubenkot rutschigen Sockel zu überwinden und die Spitze zu erreichen, bevor die Polizei eintraf. Aber dann hatten sie eine Stunde Zeit, um Interviews mit Medien in aller Welt zu führen – über ein an einem Seil befestigtes Mobiltelefon –, bevor sie hinunterstiegen, um eine polizeiliche Verwarnung entgegenzunehmen.

 

3. „Awá-Icon“ für das bedrohteste Volk der Welt

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„Dieser wichtige Sieg ist der unermüdlichen Kampagne von Survival International zu verdanken.“ Nixiwaka Yawanawá, 2014 

 

Von 2012 bis 2014 kämpften Survival-Unterstützer*innen gegen die Zerstörung des Landes der unkontaktierten Awá im brasilianischen Amazonasgebiet durch illegal operierende Holzfäller*innen und Viehzüchter*innen. Survival-Aktivist*innen schickten mehr als 57.000 Nachrichten an die brasilianische Regierung und machten die Kampagne überall sichtbar, indem sie Bilder des Kampagnenlogos, des „Awá-Icons“, an berühmten Wahrzeichen in mehr als 38 Ländern teilten. Die brasilianischen Behörden spürten den immensen Druck und schickten im Januar 2014 Teams, um alle Eindringlinge aus dem Awá-Gebiet auszuweisen.

 

4. Modis Besuch in Berlin

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„Es ist unser Dschungel. Wir sollten ihn schützen.“ Sakru Dhurwey, Baiga-Mann
 

2017 projizierten Survival-Aktivist*innen das Gesicht einer indigenen Baiga-Frau auf die indische Botschaft in Berlin, die illegal von ihrem angestammten Land vertrieben worden war. Die Aktivist*innen beleuchteten mit der Aktion die Notlage von Zehntausenden Indigenen in Indien, die illegal aus ihren Dörfern in Tiger-Schutzgebieten vertrieben werden – und ein Leben in Armut am Rande der indischen Mainstream-Gesellschaft fristen. Gleichzeitig schickten wir damit während des Besuchs von Premierminister Modi einen kraftvollen Aufruf an die indische Regierung, die Landrechte der indigenen Völker Indiens anzuerkennnen und zu schützen. Einen ersten Erfolg konnten wir direkt danach vermelden, denn die Fotos von der Aktion schafften es auf die Titelseite einer der größten indischen Tageszeitungen. 

Hier kannst du für Indigene in Indien aktiv werden. 

 

5. Zusammen gegen einen zweifelhaften Nickel-Deal

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„Wir, die Hongana Manyawa, wollen nicht, dass der Bergbau kommt, denn er wird unseren Wald zerstören.“ Hongana Manyawa-Mann

 

Auf der indonesischen Insel Halmahera wird Nickel für die Batterien von Elektroautos abgebaut – eine tödliche Bedrohung für die unkontaktierten Hongana Manyawa aus den üppigen Regenwäldern von Halmahera. Der europäische Bergbaukonzern Eramet macht enorme Gewinne mit dem Nickel-Bergbau, obwohl er damit riskiert, Hunderte von unkontaktierten Hongana Manyawa auszulöschen. Trotzdem will der deutsche Chemieriese BASF mit diesem zweifelhaften Partner zusammenarbeiten.

Survival-Unterstützer*innen haben bereits über 13.000 E-Mails an BASF, Eramet und andere Beteiligte geschickt. Eramet und BASF waren daraufhin so besorgt, dass sie uns zu einem Treffen einluden: Wir sagten ihnen, dass sie kein Recht haben, das Land unkontaktierter Völker auszubeuten, und dass sie sofort damit aufhören müssen. In Deutschland, wo BASF seinen Hauptsitz hat, sprach Survival auf der Hauptversammlung vor 5.000 Aktionär*innen über den Fall. Eine Gruppe deutscher Bundestagsmitglieder hat an das Unternehmen geschrieben, um es zu warnen, dass der Abbau von Bodenschätzen in diesem Gebiet eine Verletzung deutschen und internationalen Rechts darstellt – denn die unkontaktierten Hongana Manyawa können keine Zustimmung erteilen.

Hier kannst du für die Hongana Manyawa aktiv werden. 

 

5 Geschichten

Survivals Aktivismus wird von den indigenen Völkern, mit denen wir zusammenarbeiten, angetrieben und inspiriert. Unsere Mitarbeitenden verbringen häufig Jahre damit, indigene Gemeinden und ihre Anführer*innen kennenzulernen, mehr über ihren Widerstand zu erfahren und zu planen, wie wir sie darin unterstützen können. Diese Menschen sind der Grund, warum es unsere Bewegung gibt und warum wir weiterkämpfen.

Hier sind fünf der vielen außergewöhnlichen Menschen, mit denen und für die wir in den letzten 55 Jahren gearbeitet haben.

1. Damiana Cavanha, Guarani

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„Wir sagen allen, dass wir beschlossen haben, hier, am Fluss und am Waldrand, auf unserem wiederbesetzten Land Widerstand zu leisten.“ 

 

Damiana war eine gute Freundin von Survival und eine inspirierende Anführerin für ihre Gemeinde, die Guarani von Apy Ka'y in Mato Grosso do Sul, Brasilien. In den frühen 1990er Jahren wurden sie mit vorgehaltener Waffe von ihrem angestammten Land vertrieben, als es von Agrarunternehmen für riesige Zuckerrohrplantagen beschlagnahmt wurde. Damiana gab nie auf: Sie kampierte jahrelang an der Fernstraße, die an ihrem Land vorbeiführte. Sie führte viele Retomadas – Versuche, das Land zurückzuerobern – an, während diejenigen, die den Guarani ihr Land weggenommen hatten, Brandanschläge und Bewaffnete auf sie losließen. Damiana starb Ende 2023, aber der Kampf ihres Volkes geht weiter.

Hier kannst du für die Guarani aktiv werden.

 

2. Rita Piripkura, Piripkura

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„Es gibt hier viele Landräuber*innen. Sie könnten die beiden [meine unkontaktierten Verwandten] töten. Wenn sie sie töten, wird niemand mehr übrig sein.“

 

Rita wurde in ein unkontaktiertes Volk, die Piripkura, im brasilianischen Amazonasgebiet geboren. Ihre Gemeinde lebte lange Zeit auf der Flucht vor Eindringlingen, die ihr Überleben bedrohten. Neun ihrer Verwandten wurden bei einem Angriff von Holzfäller*innen getötet. Rita selbst konnte entkommen und heiratete einen Angehörigen des kontaktierten Karipuna-Volkes, mit dem Survival zusammengearbeitet hat. Ihr Bruder Baita und ihr Neffe Tamandua leben jedoch noch immer versteckt in ihrem angestammten Gebiet. Rita fürchtet, dass Holzfäller*innen auch ihre letzten verbliebenen unkontaktierten Verwandten töten könnten. Einem benachbarten indigenem Volk, den Kawahiva, droht derzeit das gleiche Schicksal.

Hier kannst du für die Kawahiva aktiv werden.

 

3. Eyaya Nivrel, Baka

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„Der Wald gehört uns, aber jetzt ist er unter der Kontrolle von anderen. Jetzt gibt es nur noch Folter im Wald.“ 

 

Eyayas indigenes Volk, die Baka, sind Jäger*innen und Sammler*innen, deren Wald im Kongobecken in den Odzala-Kokoua-Nationalpark umgewandelt und von anderen Naturschutzprojekten übernommen wurde. Während eines kürzlichen Besuchs von Survival-Mitarbeitenden erzählte Eyaya, dass er und andere Baka von Rangern bedroht, geschlagen und sogar gefoltert werden, wenn sie versuchen, ihren Wald zu betreten. Baka in anderen Nationalparks haben uns berichtet, wie Survivals Kampagnen dazu beigetragen haben, die Gewalt gegen sie zu verringern.

Hier kannst du für die Baka aktiv werden.

 

4. Olimpio Guajajara, Guajajara

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„Mein Volk leidet. Ich wünsche mir, dass die Weltöffentlichkeit mit uns das Leben und die Lungen der Erde verteidigt.“

 

Olimpio ist einer der Anführer*innen einer Gruppe, die als „Wächter*innen des Waldes“ bekannt ist: Männer und Frauen vom Volk der Guajajara aus dem brasilianischen Bundesstaat Maranhão, die seit mehr als zehn Jahren freiwillig die Verantwortung für den Schutz des Arariboia-Gebietes, ihres Waldes (in den Holzhändler*innen und Landräuber*innen eingedrungen sind) und der unkontaktierten Awá, die im selben Gebiet leben, übernommen haben. Olimpio riskiert täglich sein Leben für diese Mission – sechs Wächter*innen wurden in den letzten Jahren ermordet – aber seine Entschlossenheit ist stärker als seine Angst. Survival steht ihm und den Wächter*innen seit Jahren zur Seite und bietet ihnen eine Plattform, von der aus sie sich an die Welt wenden können, um die Abholzung und die Angriffe der Holzfäller*innen anzuprangern.

Hier kannst du für die Guajajara aktiv werden.

 

5. Soni Sori, Adivasi

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„Je gewalttätiger sie gegen mich sind, desto stärker fühle ich mich. Sie können mich nicht beugen. Ich werde immer stärker.“

 

Soni Sori ist Lehrerin, Aktivistin und Anführerin der Adivasi sowie Mutter von drei Kindern. Sie lebt im indischen Staat Chhattisgarh. Sie wurde verleumdet und bedroht, weil sie Adivasi-Frauen dazu aufgerufen hatte, sich gegen die Verletzung ihres Landes, ihrer Rechte und ihrer Körper zu wehren. Sie wurde als „Rebellin“ zu Unrecht verhaftet. Im Gefängnis wurde sie grausam gefoltert und sexuell missbraucht. Nach ihrem Freispruch wurde sie von Männern angegriffen, die ihr Gesicht mit einer Paste einschmierten, die sie verätzte und vernarbte. Soni unterstützt weiterhin indigene Frauen dabei, sexuelle Gewalt und Missbrauch durch die Behörden anzuzeigen und kämpft dafür, dass die Verletzung der Rechte und des Lebens der Adivasi ein Ende hat. 2018 wurde sie mit einem internationalen Menschenrechtspreis ausgezeichnet.

Siehe unsere Galerie „Indigene Heldinnen“

 

Die Gründung von Survival

Am 23. Februar 1969 veröffentlichte die britische Sunday Times den Artikel „Genocide“ von Norman Lewis, mit dem unsere Geschichte begann. Lies ihn und erfahre mehr über die Ursprünge von Survival.

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