Bruno Pereira und Dom Phillips: Erklärung von Survival International

Bruno Pereira und Dom Phillips © Survival

Bruno Pereira, ein bekannter Verteidiger der Rechte indigener Völker, und Dom Phillips, ein erfahrener britischer Journalist, wurden am Sonntag, den 5. Juni in der Nähe des indigenen Territoriums Javari im Westen Brasiliens als vermisst gemeldet. Ihr Tod wurde nun durch die brasilianische Polizei bestätigt, wenngleich die Leichen noch nicht offiziell identifiziert wurden.

Bruno hatte Morddrohungen erhalten. Der Grund dafür war seine Arbeit mit indigenen Völkern der Region und ihrer Organisation UNIVAJA, um die Wälder vor illegalen Holzfäller*innen, Bergleuten, Wildernden und Drogenhändler*innen zu schützen. 

Er war ein angesehener Experte für unkontaktierte Völker und die Feldarbeit, die notwendig ist, um ihren Aufenthaltsort zu ermitteln und ihre Gebiete zu identifizieren sowie zu schützen. UNIVAJA sagte: „Wir haben ihn eingeladen, mit uns zusammenzuarbeiten, weil wir sein Wissen und seine Erfahrung schätzen und großes Vertrauen in ihn haben.“ 

Dom, der jahrelang über die Verletzung der Rechte indigener Völker und die Zerstörung der Umwelt recherchiert und berichtet hatte, schrieb gerade an einem Buch über den Kampf zur Rettung des Amazonas-Regenwaldes. 

Im Javari-Tal, ein Gebiet von der Größe Österreichs, leben mehr unkontaktierte Völker als irgendwo sonst auf der Erde. Das Gebiet steht unter starkem Druck von Außenstehenden, die die natürlichen Ressourcen für ihren Profit rauben. Es gab bereits zahlreiche Angriffe auf den FUNAI-Stützpunkt im Javari-Tal. Der FUNAI-Außendienstmitarbeiter Maxciel Pereira dos Santos wurde dort 2019 ermordet.

Während Bruno und Doms vermeintliche Mörder jetzt in Untersuchungshaft sind, ist die brasilianische Regierung für die Bedingungen verantwortlich, welche diese Tragödie ermöglichten. Ihre völkermörderischen Versuche, indigene Gebiete für Eindringlinge zu öffnen und Kriminelle mit Straffreiheit zu belohnen, haben sowohl zu einem sprunghaften Anstieg der Waldzerstörung geführt als auch zur entsetzlichen Gewalt gegen diejenigen, die versuchen, der Zerstörung Einhalt zu gebieten – vor allem indigene Gemeinden und ihre Anführer*innen.

Bruno und Dom sind die jüngsten Opfer dieses Krieges, der von Präsident Bolsonaro und seinen Verbündeten aus der Agrarindustrie geführt wird. Vor ihnen wurden bereits Paulo Paulino Guajajara, Ari Uru Eu Wau Wau, Alex Lopes Guarani, Arokona Yanomami und Original Yanomami ermordet – um nur einige zu nennen. Keiner ihrer Mörder*innen wurde bisher vor Gericht gestellt.

In einer Erklärung schrieb UNIVAJA: „Wir möchten unsere Solidarität mit den Familien von Bruno und Dom und unsere große Trauer über diesen Verlust zum Ausdruck bringen. Für uns, die indigenen Völker des Javari-Tals, ist dies ein unbezahlbarer Verlust.“

Die Autor*innen betonten, dass die indigenen Freund*innen und Weggefährt*innen von Bruno und Dom eine Schlüsselrolle bei der Suche gespielt hätten: „Wir waren die ersten, die den Itaquaí-Fluss durchkämmten und seit Sonntag, dem Tag ihres Verschwindens, nach Pereira und Philips suchten... Wir Indigenen haben über die UNIVAJA und unser Landüberwachungsteam („EVU“) das Gebiet gefunden, das dann in den Mittelpunkt der Ermittlungen anderer Akteur*innen wie der Bundespolizei, der Armee, der Marinesoldaten und der Feuerwehr rückte.“

Darüber hinaus zeigte sich UNIVAJA verärgert darüber, dass die Behörden ihre Warnungen, das Javari-Tal sei zu einem Hotspot für Drogenhandel, Wilderei und Bergbau geworden, konsequent ignoriert haben und die dort lebenden Indigenen, die sich gegen die Invasionen stellen, ständig bedrohen: „Wir haben die Behörden über die Invasion des Javari-Tals informiert und ihnen gesagt, dass bewaffnete Banden, die mit Drogenhändler*innen in Verbindung stehen, in unser Gebiet eindringen, um unsere Ressourcen zu rauben, … aber die Behörden haben nur langsam reagiert.

Die Organisation zeigt sich besorgt über die Gefahren, denen sie nun täglich ausgesetzt sind: „Wir wollen, dass die Ermittlungen fortgesetzt werden. [Die beiden verhafteten Männer] sind Teil einer größeren Gruppe – das wissen wir. Wir machen uns Sorgen um unser Leben, um das Leben aller, die bedroht wurden (denn es war nicht nur Bruno) und um die Mitglieder der indigenen Bewegung. Wenn die Armee und die Medien weitermachen, was wird dann mit uns geschehen?

Survival International kämpft an der Seite indigener Völker und ihrer Verbündeten im ganzen Land, um Brasiliens Völkermord zu stoppen und die Gebiete unkontaktierter Völker – die bedrohtesten Gesellschaften unseres Planeten – vor einer Invasion zu schützen. Wir fordern die brasilianische Regierung auf, die Mörder von Bruno und Dom vor Gericht zu stellen, ebenso wie die Mörder der vielen Indigenen, die ermordet wurden, weil sie ihr Land verteidigt haben.

„Vamos gente, vamos nessa“, pflegte Bruno zu uns zu sagen, wenn es im Kampf für unkontaktierte Völker besonders schwierig wurde – „Kommt Leute, lasst es uns anpacken.“ Seine Leidenschaft und sein Engagement werden uns sehr fehlen, aber sie werden in der Arbeit derjenigen weiterleben, die das Privileg hatten, mit ihm zusammenzuarbeiten.

Noch kürzlich schrieb er in einer Nachricht an Survival: „Ich gehe wieder ins Javari-Tal. Dort ist viel los: viel Bergbau in der Gegend um das indigene Territorium, ganz in der Nähe der unkontaktierten Gruppen ... UNIVAJAs Überwachungsteam leistet gute Arbeit. ... die Verfolgung und Einschüchterung richtet sich nicht nur gegen mich, es sind viele Menschen bei mir. Aber all das wird vorübergehen, ich hoffe, all das wird vorübergehen. Es waren fast vier sehr intensive Jahre ... Mal sehen, was wir danach wieder aufbauen können. Ich bin hier, im Widerstand, werde angegriffen, aber ich werde nicht aufgeben.“

Wir sprechen den Familien und Freund*innen von Bruno und Dom sowie den indigenen Völkern des Javari-Tals und anderswo, die zwei wertvolle Verbündete in ihrem Überlebenskampf verloren haben, unser tiefstes Beileid aus.

 

Fiona Watson, Direktorin für Forschung und Advocacy

 

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