„Die Türen sind jetzt offen“: Indigene prangern Missionare an, die unkontaktierte Völker ins Visier nehmen

11 März 2020

Die NTM in Brasilien stellt ihren neuen Hubschrauber vor, mit dem sie unkontaktierte Völker im Javari-Tal erreichen wollen. © NTM

Diese Seite wurde 2020 erstellt und enthält möglicherweise Formulierungen, die wir heute nicht mehr verwenden würden.

Missionare, die auf unkontaktierte Völker in Brasilien abzielen, wollen in Kürze damit beginnen, einen Hubschrauber zur Bekehrung bisher unerreichbar lebender Völker einzusetzen.

Wichtige indigene Organisationen und Anführer*innen in Brasilien haben diesen Schritt sowie die Ernennung eines fundamentalistischen Missionars, Ricardo Lopes Dias, zum Leiter der Abteilung, die die Gebiete unkontaktierter Völker schützen soll, vehement zurückgewiesen.

Lopes Dias arbeitete jahrelang für eine der größten evangelikalen Missionsgruppen der Welt, die New Tribes Mission (NTM, heute Ethnos360), im brasilianischen Javari-Tal, wo sich die größte Anzahl unkontaktierter Völker weltweit befindet.

Ricardo Lopes Dias, der neue Leiter der FUNAI-Abteilung für unkontaktierte Völker © Ricardo Lopes Dias

Die NTM hat Spenden gesammelt, um einen Hubschrauber zu kaufen, der die Indigenen in der Region erreichbar machen soll. Sie haben erklärt: „Dieses neue Hubschrauberprogramm wird es Ethnos360 Aviation ermöglichen, allen unseren derzeitigen Missionaren in der Region zu dienen und die Tür zu öffnen, um zehn weitere Menschengruppen zu erreichen, die in extremer Isolation leben.“

Die NTM ist berüchtigt dafür, dass sie offen für den Zwangskontakt unkontaktierter Völker eintritt. Sie half bei der Organisation von „Menschenjagden“ in Paraguay in den 1970er und 80er Jahren, bei denen unkontaktierte Ayoreo gefangen genommen und aus dem Wald getrieben wurden. Mehrere Menschen wurden bei diesen Begegnungen getötet. Viele andere starben an Krankheiten, die dem Kontakt folgten.

Ayoreo-Mann Eode in einer Basis der New Tribes Mission, Paraguay, 1979. Bei einer Menschenjagd gefangen genommen, starb er einige Tage später. © Luke Holland/ Survival

Der Leiter des brasilianischen Zweigs der NTM hat gesagt, dass „es eine Politik der Annäherung an diese Völker [unkontaktierte Völker] geben muss.“

Indigene Anführer*innen im Javari-Tal haben die Pläne der NTM als „völkermörderisch“ angeprangert. Sie sehen die gemeinsame Absicht der Missionsorganisationen und der Regierung darin, die „Türen“ zu indigenen Gebieten zu öffnen.

Sarah Shenker von Survivals Kampagne für die Rechte unkontaktierter Völker sagte heute: „Es ist jetzt klar, dass die brasilianische Regierung bewusst beschlossen hat, die Gebiete der indigenen Völker für evangelikale Missionierende zu öffnen. Es ist ein Schlüsselschritt für die Übernahme indigenen Landes und die Ausbeutung ihres Goldes, ihrer Mineralien, ihres Holzes und anderer Ressourcen. Wenn dem nicht Einhalt geboten wird, werden viele indigene Völker ausgelöscht werden.“

Ein Missionar mit schwarzer Farbe gibt sich während der von der NTM geförderten Ausbildung als Mitglied des Yanomami-Volkes aus. © NTM

Beto Marubo, ein indigener Sprecher aus dem Javari-Tal, sagte: „Die NTM in Brasilien hat unsere soziale Struktur, unser friedliches Zusammenleben zerstört. Es kam zu Differenzen, und die Welt, die wir seit Jahrtausenden kannten, wurde niedergerissen … Missionarische Aktivitäten werden den totalen Verlust der letzten unkontaktierten Völker im Javari-Tal bedeuten.“

Indigene Matsés aus den Javari-Tal sagten: „Herr Ricardo hatte nie die Erlaubnis, in unser Dorf zu kommen. Er manipulierte einen Teil der Bevölkerung der Matsés, um ein neues Dorf zu bauen … Die Anführer*innen versuchten, in dieses neue Dorf zu gehen, um einen Dialog zu eröffnen, aber sie wurden gewaltsam vertrieben. Herr Ricardo hat die Matsés ausgenutzt und sich unsere Kultur zu Nutze gemacht. Wir wollen keine neuen Übergriffe, deshalb werden wir Herrn Ricardo nicht erlauben, unser Land zu betreten.“

Dutzende von Preisträger*innen des Alternativen Nobelpreises (Right Livelihood Award) unterzeichneten kürzlich einen gemeinsamen Brief, in dem sie die Ernennung von Herrn Lopes Dias verurteilten: „Seine evangelikale Vergangenheit gibt Anlass zu großer Sorge über die Sicherheit isolierter Völker vor Einmischung von außen und darüber, dass er die bahnbrechende Politik Brasiliens, keinen Kontakt zu unkontaktierten Völkern zu erzwingen, außer Kraft setzen könnte.“

Stephen Corry, Direktor von Survival International, sagte heute: „Die NTM hat eine Bilanz von Menschenjagden und Kontakten, die zu Tod und Krankheit, sexuellem Missbrauch und tödlichen Epidemien geführt haben. Sie setzt eine enge Sichtweise der Religion durch, die von vielen Christ*innen nicht anerkannt würde. Dies sind die letzten Menschen, die sich in der Nähe von unkontaktierten Völkern aufhalten sollten. Einen von ihnen für „zuständig“ zu erklären, ist grotesk und kriminell. Die Absicht ist eindeutig, die Indigenen ein für allemal zu beseitigen.“

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