Kenia: Regierung zerstört Wald des Ogiek-Volkes
30 November 2001
Diese Seite wurde 2001 erstellt und enthält möglicherweise Formulierungen, die wir heute nicht mehr verwenden würden.
Durch das Eindringen fremder Siedler in unser Gebiet verschwindet die Ogiek-Kultur. Irgendwann wird man uns ausgelöscht haben.", so Joseph Towett vom Ogiek Wohlfahrtsrat.
Das Volk der Ogiek in Kenia leistet weiterhin Widerstand gegen eine Regierung, die entschlossen die Zerstörung ihres Heimatwaldes vorantreibt.
Das ca. 20.000 Stammesmitglieder zählende Ogiek-Volk lebt seit jeher im Gebirgsland des Mau Waldes, oberhalb des kenianischen Rift Valley. Es lebt vom Sammeln wild wachsender Pflanzen und vom Jagen, ist aber vor allem für den Honig bekannt, den es aus Bienenstöcken hoch in den Baumkronen holt. Der Honig dient als Nahrungsmittel und wird an benachbarte Völker verkauft. Einige der tief im Wald lebenden Ogiek sind reine Jäger und Sammler, andere betreiben zusätzlich Viehhaltung und Gemüseanbau. Für alle Ogiek bleibt die Imkerei jedoch ein zentraler Bestandteil ihres Lebens. Als ein Volk der Jäger und Sammler werden sie von ihren Rinder züchtenden Nachbarn nur belächelt.
Die Heimat der Ogiek, der Mau Wald, steht unter dem Schutz des kenianischen Forstgesetzes. Unter dem Vorwand, die Umwelt vor den Aktivitäten der Ogiek zu schützen, haben Regierungen schon zu Kolonialzeiten versucht, sie aus dem Wald zu vertreiben und die Behörden versuchen bis heute, sie aus ihren ursprünglichen Gebieten zu verjagen. Die Ogiek haben es immer wieder geschafft zurückzukehren, doch nun sind sie der bisher schlimmsten Bedrohung ausgesetzt.
Obwohl das Volk der Ogiek den Wald immer schonend genutzt hat, behauptet Kenias Regierung, er müsse vor diesen Jägern und Sammlern geschützt werden. Inzwischen hat die Regierung fast 60.000 ha des betroffenen Waldes für die private Nutzung frei gegeben. Nicht die Ogiek, sondern vor allem Unternehmer wie Teeplantagenbesitzer und Holzfäller sowie Siedler aus anderen Gegenden des Landes werden davon profitieren. Drei einflussreiche Holzfällerunternehmen – Pan African Paper Mills, Raiply Timber und Timsales Ltd. – haben ihre Arbeit bereits aufgenommen.
Dass der Mau Wald nun auch für Außenstehende offen ist, ist tatsächlich Teil eines groß angelegten wahltaktischen Plans, um ca. zehn Prozent des kenianischen Waldes freizugeben und damit einem Teil der landlosen kenianischen Bevölkerung Land zu geben. Der Mau Wald macht hierbei einen Großteil der freigegebenen Gesamtfläche aus. Aber die eigentlichen Leidtragenden wären die Ogiek, denn sollte die Regierung ihren Plan durchsetzen, würden auch sie enteignet und als Volk aussterben. Das Vorhaben bedroht außerdem Kenias Umwelt, da es im Mau Wald lebensnotwendige Wasservorräte gibt. Es hat in Kenia bereits mehrere Dürrezeiten gegeben und Experten sind sich einig, dass der Verlust von Waldflächen das Problem verschlimmert und sich auch auf das Nachbarland Tansania auswirken wird.
Erstmals wurde das Vorhaben zur Freigabe des Waldes im Januar 2001 angekündigt, was eine Welle internationalen Protests auslöste und Widerstände aus dem kenianischen Parlament hervorrief. Umweltschützer protestierten und verfassten Petitionen. Die Ogiek-Wohlfahrtsorganisation erzielte eine gerichtliche Verfügung des High Courts (zweithöchste gerichtliche Instanz Kenias), in der die Freigabe von 35.000 ha des östlichen Mau Waldes bis zur Entscheidung in einem anderen Verfahren gestoppt wurde. Jenes Verfahren zur Verteidigung ihres Landes führen die Ogiek bereits seit dem Jahr 1997.
Mit Einschüchterung und Drohungen versuchten die örtlichen Behörden, die Ogiek zur Rücknahme der Klage zu zwingen, die aber blieben hart. Einer der Stammesälteren sagte zum örtlichen Regierungschef: Wir lassen uns durch keinerlei Einschüchterung daran hindern, unser von Gott gegebenes, in der Verfassung festgeschriebenes Recht einzufordern." In einem offensichtlichen Versuch, eine Antwort auf die Forderungen der Ogiek zu vermeiden, wurde der Fall vertagt. Und doch wird unter eindeutiger Missachtung des Gerichtbeschlusses das umstrittene Land weiter vermessen. Wenn der östliche Mau Wald erst einmal freigegeben wird, ist mit ähnlichen Folgen in anderen Ogiek-Gebieten zu rechnen.
Im Oktober 2001 verordnete der Umweltminister, die Freigabe des Waldgebietes voranzutreiben und Berichten zufolge haben Holzfällerunternehmen bereits mit der systematischen Abholzung der kürzlich freigegebenen Waldabschnitte begonnen. Wenn Kenias Regierung so weiter macht, widersetzt sie sich der internationalen Forderung, ihrem eigenem Rechtssystem und den Rechten der Ogiek unter internationalem Gesetz und gefährdet das Überleben der Ogiek als Volk.
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