Indien: Indigene Völker vereinen sich gegen Schutzgebiete auf ihrem angestammten Land
24 März 2023
Hunderte von Indigenen (Adivasi) aus „Naturschutzgebieten“ in ganz Indien haben sich im Nagarhole-Nationalpark im Südwesten Indiens zu einem beispiellosen einwöchigen Protestmarsch gegen den Landraub ihrer angestammten Gebiete zur Schaffung sogenannter Schutzgebiete für den Naturschutz, einschließlich Tigerreservaten, zusammengeschlossen.
Der Protest konzentrierte sich auf den weltberühmten Nagarhole-Nationalpark, der ohne Zustimmung auf dem Land der Jenu-Kuruba, die für ihre Fähigkeiten als Honigsammler*innen bekannt sind, sowie weiterer indigener Völker wie der Beta-Kuruba, Yarava und Pania eingerichtet wurde.
Während „Schutzgebiete“ ausländische Tourist*innen willkommen heißen, werden die Adivasi aus ihren Wäldern ausgesperrt und ihnen wird der Zutritt verweigert. In Tiger-Schutzgebieten in ganz Indien wurden Indigene von ihrem angestammten Land vertrieben oder sind im Namen des Naturschutzes von Vertreibung bedroht. Sie sind mit Ermordungen, gewaltsamen Übergriffen und Belästigungen konfrontiert.
Nagarhole ist heute von Kaffeeplantagen umgeben, die mit Elektrozäunen gesichert sind. Es gibt erhebliche Überschneidungen zwischen Plantagenbesitzer*innen, Tourismusbetrieben und der lokalen Naturschutzlobby. Jadeya, einer der Demonstranten, erklärte: „Die Elektrozäune dienen nicht dem Schutz der Tiere, sondern sollen sie daran hindern, die Kaffeeplantagen zu betreten, und die Menschen von ihrem eigenen Land fernhalten.“
Für viele indigene Völker führt die Vertreibung von ihrem Land zum Verlust ihrer angestammten Lebensweise und einer anschließenden Verarmung. Viele Adivasi arbeiten schlussendlich auf den lokalen Kaffeeplantagen unter Arbeitsbedingungen, die die Demonstrant*innen als fast sklavenähnlich beschrieben. Arjun aus der Bhunjia-Gemeinschaft im Udanti-Sitanadi-Tigerreservat sagte während des Marsches: „Die Plantagen machen die Adivasi zu Sklaven auf ihrem eigenen Land.“
Die Demonstrierenden hielten jeden Tag an heiligen Stätten an, die ihnen gestohlen worden waren. Sie bemerkten dabei, dass viele der Pilgerstätte mit hinduistischen Symbolen überzogen worden waren, was sie als einen Angriff auf ihren Glauben und ihre Landrechte verstanden.
Die Demonstrant*innen machen auf folgende Punkte aufmerksam:
- Die Welle von Menschenrechtsverletzungen gegen sie, einschließlich Morden und gewalttätigen Angriffen, resultieren aus der zunehmenden Militarisierung des Naturschutzes.
- Das gängige Naturschutzmodell, das die indigenen Gemeinschaften zerstört, wird von Organisationen wie der Wildlife Conservation Society (WCS), dem WWF, der Wildlife Protection Society of India, dem Wildlife Trust of India, Wildlife First und Conservation International unterstützt.
- Die Vertreibungen verletzen ihre Rechte nach nationalem und internationalem Recht.
- Sie wollen auf ihrem eigenen Land, welches als Schutzgebiet dienen sollen, leben, weshalb die Vertreibungen ein Ende haben müssen.
Während Naturschutzorganisationen und Beamt*innen behaupten, dass die „Umsiedlungen freiwillig“ sind, zeigen Untersuchungen, dass indigene Völker in Wirklichkeit schikaniert, bedroht und eingeschüchtert werden, damit sie „einwilligen“, ihre Gebiet zu verlassen – ein Verstoß gegen das Völkerrecht.
Der Widerstand in Nagarhole setzt sich in Form eines unbefristeten Protestes fort, an dem sich Adivasi aus 46 Dörfern beteiligen und der derzeit vor den Büros des Forstministeriums des Nationalparks stattfindet. Er wird andauern, bis die Forderungen der Gemeinschaften erfüllt sind. Einer der Slogans, die während des Marsches skandiert wurden, lautete: „Die Wälder von Nagahole gehören unseren Vorfahren. Die Tiere und Wälder sind ein Teil von uns – Teil der Familie.“
Auf den Marsch folgte ein zweitägiger „Dialog zwischen den Gemeinschaften“ über den Widerstand gegen die sogenannten Schutzgebiete, der vom 22. bis 23. März in Bangalore stattfand und den Titel „Das Konzept der Schutzgebiete entlarven – Gemeinschaftseigentum an Wäldern und Gemeingütern ..., wo Wald, Menschen und Tiere gleichberechtigt sind“ trug. (Ihre Forderungen finden Sie hier.)
Die Direktorin von Survival, Caroline Pearce, sagte heute: „Ihre geteilten Erfahrungen mit Gewalt und Enteignung machen schmerzhaft deutlich, dass es sich dabei um systematischen Missbrauch handelt, der für das koloniale und militarisierte Modell des Naturschutzes in Indien und anderswo typisch ist. Diese inspirierende Widerstandsbewegung ist Teil eines Kampfes, der über Ländergrenzen und Gesetze hinausgeht. Es ist ein Kampf für das Überleben der indigenen Völker und ihrer Lebensweise.“
Hinweise an die Redaktion:
Survival verfügt über Fotos und Videos von den Protesten und kann Interviews mit den Beteiligten arrangieren.
An dem Marsch (in Indien als „Padayatra“ bekannt) beteiligten sich Menschen aus vielen unterschiedlichen Schutzgebieten, darunter die Nationalparks Kaziranga, Similipal, Achanakmar, Udanti-Sitanadi und Nagarhole.