Amazonas-Indigene werfen Blick auf „uns“ – und kehren zurück in den Regenwald
9 September 2016
Diese Seite wurde 2016 erstellt und enthält möglicherweise Formulierungen, die wir heute nicht mehr verwenden würden.
Zwei unkontaktierte Indigene aus dem Amazonasgebiet haben sich auf eine außergewöhnliche Reise zurück in den Regenwald begeben, nachdem sie – lebensgefährlich erkrankt – per Helikopter in eine Großstadt geflogen worden waren.
Jakarewyj und Amakaria, nomadisch lebende Jäger-und-Sammlerinnen vom Volk der Awá, nahmen 2014 mit einer sesshaften Awá-Gemeinde Kontakt auf, weil ihr Gebiet von Holzfällern umzingelt worden war und sie sich mit Grippe und Tuberkulose angesteckt hatten, wogegen sie keine Abwehrkräfte besaßen.
Die Schwestern und Jakarewyjs Sohn Irahoa waren von ihrem Land vertrieben worden und über Jahre auf der Flucht vor Holzfällern gewesen, deren „kreischende” Kettensägen sie in Schrecken versetzten. „Wir hatten große Angst… wir saßen in der Falle”, sagte Irahoa gegenüber Survival International. Die restlichen Mitglieder ihrer Gruppe waren ausgelöscht worden.
Nach der Kontaktaufnahme forderten Unterstützer*innen der Awá ein umgehendes Eingreifen der Regierung, die schließlich ein Gesundheitsteam schickte. Jakarewyj und Amakaria wurden in letzter Minute auf dem Luftweg in die Hauptstadt des Bundesstaates transportiert, wo sie sich schließlich erholten.
Nun haben beide Frauen beschlossen zu ihrem Leben als Unkontaktierte in den Regenwald zurückzukehren – trotz der bestehenden Bedrohung durch die Holzfäller. Kontaktierte Awá sagten, dass die Schwestern das ungewohnte Essen und die Medikamente nicht mochten, ebenso wenig wie die Hitze im Dorf. Die beiden sprachen immer liebevoll von ihrem Wald.
Bei ihrer Rückkehr in den Wald verwischten sie vermutlich ihre Spuren, um nicht gefunden zu werden.
Rosana Diniz von CIMI, einer brasilianischen Organisation für indigene Rechte, sagte: „Wir müssen ihre Entscheidung respektieren, weil es ihre eigene Wahl war. Obwohl es gefährlich ist, ist der Regenwald der Ort den sie kennen und lieben.”
Unkontaktierte Völker sind die bedrohtesten Gesellschaften der Erde. Ganze Gemeinden wurden durch die völkermörderische Gewalt Außenstehender ausgelöscht, die ihr Land und ihre Ressourcen rauben und Krankheiten wie Grippe oder Masern einschleppen, gegen die Unkontaktierte keine Abwehrkräfte besitzen. Dort jedoch, wo ihre Rechte respektiert werden, leben sie gut und erfolgreich.
Viele Awá haben erklärt, dass sie ihr Leben vor dem Kontakt mit der Außenwelt bevorzugten. Wamaxua, ein kürzlich kontaktierter Awá, meinte: Als ich im Wald lebte, hatte ich ein gutes Leben. Wenn ich heute unkontaktierten Awá im Wald begegne, werde ich sagen: ‘Geht nicht weg! Bleibt im Wald … Es gibt draußen nichts für euch.’”
Ungeachtet dessen plädieren einige Außenstehende, wie die US-Anthropologen Kim Hill und Robert Walker, weiterhin für Expeditionen zur „kontrollierte Kontaktaufnahme”, um indigene Gemeinden in die Mehrheitsgesellschaft zu integrieren.
Andere werten die Entscheidung der beiden Frauen als einen deutlichen Beweis, dass viele Indigene nicht nur ihr Leben vor dem Kontakt präferieren, sondern auch, dass sie die sogenannten Vorzüge von „Fortschritt“ und „Zivilisation“ ablehnen.
Stephen Corry, Direktor von Survival International, sagte dazu: „Wir sind sehr froh, dass sich Jakarewyj und Amakaria erholt haben und ihre eigene Entscheidung treffen konnten, wie sie ihr Leben fortführen wollen. Die Kontaktaufnahme muss von den Unkontaktierten selbst ausgehen. Wer das Land von Unkontaktierten betritt, verwehrt ihnen diese Wahl. Die Reise der Schwestern und deren Ausgang lässt keine Zweifel: Unkontaktierte Völker kämpfen unablässig, um auf ihrem Land leben zu können, und es ist die Aufgabe der Regierungen und der ganzen Menschheit zu gewährleisten, dass sie dies tun können.”