Amazonas: Gebiete unkontaktierter Völker von sich ausbreitenden Bränden betroffen

14 Oktober 2020

Aufnahme eines Gemeinschaftshauses der Uru Eu Wau Wau aus dem Jahr 2005. © Rogério Vargas Motta/IBAMA

Diese Seite wurde 2020 erstellt und enthält möglicherweise Formulierungen, die wir heute nicht mehr verwenden würden.

Das Überleben mehrerer unkontaktierter Völker ist gefährdet, nachdem in ihren Territorien Feuer entfacht wurden. Aktivist*innen bezeichnen die Brände im Amazonas-Gebiet und den Kampf des brasilianischen Präsidenten Bolsonaro gegen indigene Völker als „die größte Bedrohung für das Überleben unkontaktierter Völker seit einer Generation“.

Vier indigene Gebiete sind besonders gefährdet:

- Der berühmte Papayawald auf Bananal Island, der größten Flussinsel der Welt. Er wird von den unkontaktierten Ãwa bewohnt. Achtzig Prozent des Waldes brannten letztes Jahr ab und dieses Jahr stehen Teile des verbliebenden intakten Waldes in Flammen. Mehr als 100.000 Rinder weiden jetzt schon auf der Insel.

- Das Gebiet Ituna Itatã (“Feuergeruch”) im Bundesstaat Pará, das ausschließlich von unkontaktierten Völkern bewohnt wird. Dieses Territorium wurde 2019, als Viehzüchter und andere Landräuber eindrangen, von allen indigenen Gebieten am stärksten entwaldet. In den ersten vier Monaten des Jahres 2020 wurden weitere 1.319 Hektar Wald vernichtet, was einer Zunahme von fast 60% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspricht.

- Das Arariboia-Territorium im östlichen Bundesstaat Maranhão: In diesem Territorium, in das schon viele Außenstehende eingedrungen sind, leben unkontaktierte Awá. Die „Wächter des Waldes“ aus dem benachbarten Guajajára-Volk warnen täglich davor, dass der illegale Holzabbau den Wald mit alarmierender Geschwindigkeit zerstört.

- Das Gebiet der Uru Eu Wau Wau. Angehörige eines unkontaktierten Volkes haben im vergangenen Monat in diesem Gebiet den berühmten Experten für unkontaktierte Völker Rieli Franciscato erschossen und getötet. Dies ist ein Hinweis darauf, dass sie durch Eindringlinge aus ihrem Wald vertrieben werden und gezwungen sind ihr Land zu verteidigen.

Brände im Jahr 2020 im Arariboia-Territorium, der Heimat unkontaktierter Awá. © Survival

Viele der Brände werden gelegt, um den Regenwald für die Agrarindustrie, die Holzgewinnung und die Viehzucht zugänglich zu machen. Jedes Jahr werden Millionen Tonnen Soja, Rindfleisch, Holz und andere Produkte nach Europa und in die USA exportiert.

Dieses Diagramm zeigt den rapiden Anstieg der Entwaldung im indigenen Territorium Ituna-Itatá in Brasilien, das ausschließlich von unkontaktierten Völkern bewohnt wird. © Prodes/ Inpe/ Survival

APIB (die Vereinigung der indigenen Völker Brasiliens) hat eine Kampagne gestartet, um die Verflechtungen zwischen Bolsonaro, der Agrarindustrie und dem Völkermord an indigenen Völkern in Brasilien zu verdeutlichen. Sie appelliert an Menschen und Firmen auf der ganzen Welt, keine Produkte mehr zu kaufen, welche die Zerstörung indigener Gebiete vorantreiben.

Auch Survival fordert Supermärkte in Europa und den Vereinigten Staaten dazu auf, keine Agrarprodukte mehr aus Brasilien zu kaufen, bis die Rechte indigener Völker durchgesetzt werden.

Ângela Kaxuyana, Sprecherin von COIAB, der Koordinationsstelle indigener Organisationen im brasilianischen Amazonas-Gebiet, sagte: „Landraub, Abholzung und Brandstiftung bedrohen unmittelbar das Leben unserer unkontaktierten Verwandten. Die Zerstörung der Gebiete könnte mit ihrer Ausrottung enden – sie sind ihre einzige Lebensgrundlage, da sie alles, was sie zum Leben brauchen, dort finden.“

Tainaky Tenetehar, einer der „Wächter des Waldes“, die das Arariboia-Territorium für das indigene Volk der Guajajára und ihre unkontaktierten Nachbar*innen schützen, sagte heute: „Wir kämpfen für diesen Wald, und viele von uns sind dabei getötet worden – die Eindringlinge kommen aber immer wieder. Sie haben dem Wald in den letzten Jahren so stark zugesetzt, dass er nun trocken und verletzlich ist. Deshalb sind die Brände jetzt viel heftiger und schwerwiegender als zuvor. Die Holzfäller müssen ausgewiesen werden – nur dann können die unkontaktierten Awá gut und erfolgreich überleben.“

Sarah Shenker, Mitarbeiterin von Survival International, sagte dazu: „In vielen Teilen Brasiliens sind die Gebiete der unkontaktierten Völker die letzten signifikanten bestehenden Regenwaldgebiete. Jetzt werden sie ins Visier genommen von Landräubern, Holzfällern und Viehzüchtern, die durch Bolsonaros offene Unterstützung ermutigt werden. Die Verbraucher*innen in den USA und Europa müssen verstehen, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen den Produkten in ihren Supermarktregalen und diesem Völkermord gibt – und aktiv werden. Unkontaktierte Völker sind die verwundbarsten Gesellschaften auf dem Planeten und gleichzeitig die besten Hüter der Natur. Wir dürfen nicht zulassen, dass ihr Land in Flammen aufgeht."

Hinweise an die Redaktion:
- Die Ãwa der Bananal Island und die Awá des Bundestaates Maranhão sind zwei verschiedene Völker.

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