Indien: Seltener Bericht eines Jarawa enthüllt schockierenden Missbrauch
4 Februar 2014
Diese Seite wurde 2014 erstellt und enthält möglicherweise Formulierungen, die wir heute nicht mehr verwenden würden.
Ein äußerst seltener persönlicher Bericht eines Angehörigen der Jarawa auf Indiens Andamanen-Inseln, hat das schockierende Ausmaß sexueller Ausbeutung junger Jarawa-Frauen durch Außenstehende offenbart.
In einer Tonaufnahme, die Survival International erhalten hat und von der die britische Zeitung The Observer am Wochenende berichtete, erklärt ein junger Jarawa-Mann, dass Wilderer regelmäßig das geschützte Gebiet der Jarawa betreten und junge Jarawa-Frauen mit Alkohol und Drogen ködern, um sie sexuell auszubeuten.
Der junge Jarawa-Mann sagte: “Die Mädchen sagen, dass die Jungen von außerhalb sie sehr bedrängen. Wenn die Mädchen ärgerlich werden, drängen sie sie mit ihren Händen und Nägeln. Sie jagen sie unter dem Einfluss von Alkohol. Sie haben Sex mit den Mädchen (…) Sie trinken Alkohol in den Häusern der Mädchen. Sie schlafen auch in Jarawa-Häusern. Sie rauchen Marihuana und jagen dann die Mädchen.”
Der junge Mann nennt zudem die Namen der Wilderer, die in ihren Wald kommen, um die Jarawa-Mädchen sexuell auszubeuten.
Das Interview wurde zuerst im Andaman Chronicle, einer lokalen Zeitung, veröffentlicht. Der Chronicle berichtete auch von einem alarmierenden Anstieg der Konfrontationen zwischen den Jarawa und Siedlern, die an den Rändern des Schutzgebietes leben.
Den Berichten zufolge konfrontierten einige Jarawa letztes Wochenende eine Gruppe Anwohner an einem Strand am Rande des Jarawa-Reservates. Es wird angenommen, dass die Jarawa versuchen jene zu bestrafen, die die Jarawa-Mädchen ausbeuten.
Zudem sind Berichte öffentlich geworden, denen zufolge eine Gruppe von 60 Siedlern kürzlich an die Grenzen des Schutzgebietes vordrang, um die Jarawa-Gemeinde anzugreifen, die jedoch in den Wald floh.
Die rund 400 Angehörigen der Jarawa sind sehr anfällig für Ausbeutung, Krankheiten und Abhängigkeiten von eingeführten Produkten wie Alkohol. Die nomadischen Jäger und Sammler zeigten sich erstmals vor wenigen Jahren ohne Pfeil und Bogen außerhalb des Reservates. Sie haben erst seit 1998 friedlichen Kontakt mit Außenstehenden.
Heutzutage reisen Hunderte Touristen in das Gebiet der Jarawa, um diese zu “erspähen”. Die Touren sind weltweit als ‘Menschensafaris’ bekannt geworden.
Sexuell übertragbare Krankheiten und HIV/AIDS stellen für kürzlich kontaktierte Völker wie die Jarawa ein großes Risiko dar. Frauen werden häufig von Außenstehenden missbraucht. Die Nachbarn der Jarawa, die Großen Andamanesen, wurden von Krankheiten, darunter Syphilis, die die britischen Kolonialherren im 19. Jahrhundert einschleppten, fast ausgerottet.
Stephen Corry, Direktor von Survival International, sagte heute: “Es ist erschütternd, direkt von den Jarawa zu hören, wie sie von skrupellosen Außenstehenden missbraucht werden und wie Jarawa-Frauen mit Alkohol und Marihuana gefügig gemacht werden. Nicht nur werden mit diesen Substanzen Frauen und Mädchen sexuell benutzt, sie könnten auch eine Abhängigkeit erzeugen, die die Jarawa vernichten könnte.”
“Es ist entscheidend, dass die Verantwortlichen strafrechtlich verfolgt werden und dass Amtsträger, die mitgewirkt oder sich blind gestellt haben könnten, ebenfalls untersucht und belangt werden.”
Hinweis an die Redaktion:
- Hören Sie hier die Tonaufnahme des Jarawa-Mannes (mit englischer Übersetzung).