Offener Brief von Survival International: UN-Artenschutzabkommen könnte zum Desaster werden

2 März 2022

© Survival

Liebe Menschheit,

wir haben ein Problem. Regierungen, Naturschutzorganisationen und die umweltschädlichsten Unternehmen, vor allem aus dem Globalen Norden, verfolgen einen gefährlichen Plan. Sie behaupten, er würde dabei helfen, den Klimawandel und die Umweltzerstörung aufzuhalten. Das ist eine Lüge. Der Plan wird alles nur noch schlimmer machen.

Während eines von der Öffentlichkeit wenig beachteten Treffens, das in wenigen Tagen in Genf stattfindet, wollen Regierung sich auf einen Plan einigen, der verheerende Auswirkungen für uns alle haben könnte.

Sie wollen 30 % des Planeten in Naturschutzgebiete umwandeln. Doch dieser Plan, bekannt als 30×30, würde den Landraub riesiger Gebiete indigener Völker bedeuten. Indigenes Land, das für Schutzgebiete gestohlen wurde, wird militarisiert und durch Angst kontrolliert. Die Menschen, deren Land in Beschlag genommen wurde, werden verfolgt, missbraucht und gefoltert. Sogar Mord ist keine Seltenheit.

Der 30 %-Plan wird die Natur nicht schützen, weil er indigene Völker – die besten Hüter*innen der Natur – zerstört. Der Plan lenkt zudem von den wahren Ursachen des Verlusts der biologischen Vielfalt und des Klimawandels ab: der profitgetriebenen Ausbeutung natürlicher Ressourcen und dem wachsenden Überkonsum des Globalen Nordens.

Indigene Völker machen etwa 6 % der Weltbevölkerung aus, doch ihr Land umfasst 80 % der Gebiete mit der größten biologischen Vielfalt des Planeten. Sie, die ihre Umwelt am besten geschützt haben und am wenigsten für die Umweltzerstörung verantwortlich sind, müssen nun die Zeche zahlen.

Große Naturschutzorganisationen wie der WWF und die Wildlife Conservation Society, die für ihre erschreckende Menschenrechtsbilanz bekannt sind, unterstützen den 30×30-Plan. Sie werden mit der Verwaltung der neuen Parks und dem Verkauf von Emissionszertifikaten Millionen verdienen – ein Kniff, der es Unternehmen ermöglicht, weiterhin die Umwelt zu verschmutzen, während sie vorgeben, grün zu sein. Kein Wunder also, dass die größten Konzerne der Welt dies ebenfalls unterstützen. Damit werden nur die Interessen der Eliten geschützt, während das Klima, die biologische Vielfalt und die verletzlichsten Menschen der Welt Leiden werden.

Wie Kipchumba Rotich vom Volk der Sengwer aus Kenia sagte: „Der 30×30-Plan … wird dazu führen, dass mehr indigene Völker ihr Zuhause verlieren, dass mehr indigene Völker ihre Lebensgrundlage verlieren, dass mehr indigene Völker ihr Leben verlieren – Millionen von Menschen auf der ganzen Welt.“

Dies ist nicht nur eine Katastrophe für indigene Völker, sondern für die gesamte Menschheit. Eine Studie nach der anderen zeigt, dass die Achtung der Landrechte indigener Völker der beste Weg ist, unseren Planeten zu schützen.

Die entscheidenden Verhandlungen darüber, ob das 30 %-Ziel festgelegt wird, stehen auf Messers Schneide. Es ist demzufolge noch nicht zu spät, diesen gefährlichen Plan zu stoppen. Survival hat den 2. März zum „Tag der menschlichen Vielfalt“ erklärt, um weltweit auf die verheerenden Auswirkungen des 30 %-Plans auf die gesamte Menschheit aufmerksam zu machen. Ohne menschliche Vielfalt wird es keine biologische Vielfalt geben.

30×30 wird Millionen indigener Menschen und viele lokale Gesellschaften vernichten und den größten Umweltverschmutzern der Welt signalisieren, dass sie ihre Umweltverschmutzung ohne Folgen fortsetzen können – das dürfen wir nicht zulassen. Am Tag der menschlichen Vielfalt fordern wir die gesamte Menschheit auf, gemeinsam zu handeln – für unser aller Zukunft.

Bitte schreibe denjenigen, die diesen gefährlichen Plan verhandeln. Für weitere Informationen folge dem Hashtag #DearHumanity in den sozialen Netzwerken.

Mit freundlichen Grüßen

Survival International

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