Ecuador: Internationales Gericht schafft Präzedenzfall für den Schutz unkontaktierter Völker
14 April 2025

© Anka Maldonado/Yasunidos
Zum ersten Mal hat ein Gericht entschieden, dass eine Regierung die Rechte unkontaktierter indigener Völker verletzt hat. Das bahnbrechende Urteil gegen den Staat Ecuador wurde am 13. März vom Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte gefällt. Es schafft einen weltweiten Präzedenzfall für die Wahrung der Rechte unkontaktierter Völker.
Der Staat Ecuador ist verantwortlich für die Verletzung der Rechte der unkontaktierten indigenen Völker der Tagaeri und Taromenane – einschließlich ihrer Rechte auf kollektives Eigentum, Selbstbestimmung, ein würdiges Leben, Gesundheit, Nahrung, kulturelle Identität, eine gesunde Umwelt, Unterkunft, Leben, rechtliche Garantien und Rechtsschutz, so das Urteil.
1999 schuf Ecuador nach vielen Verzögerungen ein für Außenstehende nicht-zugängliches Gebiet für die Tagaeri und Taromenane, die so genannte ZITT: Zona Intangibile Tagaeri and Taromenane. Das Gericht stellte nun fest, dass der Staat es versäumt hatte, die ZITT vor Eindringlingen zu schützen, was „eine Verletzung ihrer Rechte auf ein würdiges Leben, Gesundheit, Nahrung, kulturelle Identität, eine gesunde Umwelt und Wohnraum“ darstellt.
Die im Jahre 1999 eingerichtete ZITT umfasst nicht das gesamtes Gebiet der unkontaktierten Völker. Daher hat das Gericht den Staat nun aufgefordert, das Schutzgebiet auf das gesamte von den nomadischen Tagaeri und Taromenane genutzte Land auszuweiten und Ölförderung, Abholzung und andere extraktivistische Tätigkeiten in dem Gebiet zu unterbinden. Außerdem wies das Gericht die Regierung an, eine Kommission zur Überwachung des ZITT zu bilden und innerhalb eines Jahres Bericht zu erstatten.
Dem Urteil zufolge ignorierte der ecuadorianische Staat die Existenz von unkontaktierten Völkern in den Gebieten, in denen Ölförderung geplant war. Und der Staat legte keine Beweise dafür vor, dass Maßnahmen ergriffen wurden, um sicherzustellen, dass die Aktivitäten das überlebenswichtige Kontaktverbot gegenüber den indigenen unkontaktierten Völkern einhalten. Dies verletzte das Recht der Tagaeri und Taromenane auf ihr kollektives Eigentum und ihre Selbstbestimmung.
Das Urteil unterstreicht, wie wichtig es ist, die Entscheidung unkontaktierter Völker, unkontaktiert zu leben, Ernst zu nehmen und betont, dass die Erfüllung dieses Wunsches garantiert werden muss.
Es bekräftigt, dass die Menschenrechte unkontaktierter Völker durch das Prinzip des Kontaktverbots untermauert werden sollten und dass ihr Recht auf Selbstbestimmung den Status als unkontaktierte Gesellschaft beinhaltet.
Das Gericht stellte klar, dass die Entscheidung der unkontaktierten Völker, in Isolation zu leben, die Einholung ihrer freien, vorherigen und informierten Zustimmung (FPIC) unmöglich macht: „Die Pflicht zur Konsultation führt zu einer Verpflichtung des Staates, sicherzustellen, dass bei jedem Projekt oder jeder Entscheidung, die unkontaktierte Völker betreffen könnte, ihr Wunsch nach Isolation respektiert und nicht verletzt wird...“
Kemperi, ein Waorani-Schamane und Nachbar der unkontaktierten Tagaeri und Taromenane sagte in einer Stellungnahme für das Gericht: „Für uns brachte das Leben in Kontakt mit der Cowode [nicht-indigenen] Welt Probleme mit sich. Es brachte uns unbekannte Krankheiten. Wir wurden alle krank und einige von uns starben. Eme starb durch den Kontakt, ebenso wie mein Schwiegersohn Omaronke, meine Großmutter Guima, meine Nichte Oyorne und viele weitere.“
Weitere Informationen über unkontaktierte indigene Völker findest du auf dieser Seite.
